Abdruck aus “Deutsche Exilanten an der Côte d’Azur”

Eine Reise durch die 1930er von Klaus Kampe

HISTORISCHER KONTEXT UND EXIL IN SÜDFRANKREICH

Als im Januar 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernahmen, begann für viele Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle eine Zeit der Verfolgung und des Verlustes. Bühnen wurden geschlossen, Redaktionen gesäubert, Bücher verbrannt. Wer blieb, riskierte Berufsverbot, Haft oder Schlimmeres. Wer ging, musste sich eine neue Welt suchen. So setzten sich unzählige Deutsche in Bewegung – mit Koffern voller Manuskripte, Skizzen oder einfach nur Hoffnung.

Der Süden Frankreichs, die Côte d’Azur, wurde für viele von ihnen zum Rettungsanker. Das Licht, die Weite des Meeres, die Olivenhaine und Pinienhügel gaben den Flüchtenden eine Ahnung von Freiheit. Auch praktisch war die Region günstig: Die Lebenshaltungskosten waren niedriger als in Paris, und von Marseille aus bot sich die Möglichkeit, weiterzureisen, falls die Lage unsicher wurde. Schon zuvor hatten Künstler und Literaten die Küste entdeckt, und so wirkte sie in den 1930er Jahren wie eine alte Bekannte, die nun ein neues Gesicht zeigte – die eines Exils.

In diesen Jahren trafen hier die großen Namen der deutschen Kultur zusammen: Thomas Mann schrieb in den Pensionen der Küste, sein Bruder Heinrich lebte mit Nelly Kröger in Nizza. Lion Feuchtwanger schuf in seiner Villa in Sanary-sur-Mer einen geistigen Mittelpunkt, an dem Franz Werfel, Alma Mahler-Werfel und viele andere verkehrten. Bertolt Brecht zog unstet durch Südfrankreich, stets auf der Suche nach einem Ort, an dem Arbeit und Sicherheit zusammenfielen. Maler wie Walter Bondy oder Schriftstellerinnen wie Annette Kolb prägten die Atmosphäre zusätzlich.

Besonders zwei Orte wurden zu Symbolen dieses Exils: Nizza, mit seiner kosmopolitischen Lebendigkeit und den Boulevards, auf denen sich Sprachen und Kulturen mischten; und Sanary-sur-Mer, ein kleiner Fischerort, dessen Hafenbecken zur Bühne einer Welt im Umbruch wurde. Dort, zwischen einfachen Fischerbooten und den Fassaden weißer Häuser, entstand eine dichte Gemeinschaft von Exilanten, die im Schatten der drohenden Diktatur versuchten, ihre Sprache, ihre Kunst und ihre Hoffnung zu bewahren.

So verband sich an der Côte d’Azur die Schönheit der Landschaft mit der Dringlichkeit des Überlebens – und hinterließ Spuren, die bis heute sichtbar sind.


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

Varian Fry – Von Berlin nach Marseille

Historischer Kontext und Exil in Südfrankreich

Exilanten in Nizza – Die Stadt der Zuflucht

Sanary-sur-Mer – Das deutsche Dorf

Berühmte Persönlichkeiten im Exil

Die Portraits – Gesichter einer verlorenen Welt

Marta und Lion Feuchtwanger

Treffen im Café du Lyon

Max Colpet

Thomas Mann und die Exil-Salonkunst

Die Stimmen im Exil

Kunst, Literatur und das Ringen um das Wort

Begegnungen und Gemeinschaften

Bedrohung, Internierung und Flucht

Die Wohnorten heute – Historische Orte entdecken

Vergleich von historischen Fotografien

Links zu Fotos und Orten

Bildquellen

Epilog

Anhang


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