Wie finanzieren sich Youtube Channels wie CITTA oder Rocknostalgia?

1. Finanzierung von solchen YouTube-Channels

YouTube-Kanäle dieser Art nutzen meist eine Kombination verschiedener Einnahmequellen:

  • YouTube-Partnerprogramm (AdSense)
    Einnahmen durch Werbeschaltungen vor oder während der Videos. Allerdings gilt:
    • Bei Content mit geschützter Musik (z. B. Konzerten, Archivaufnahmen) gehen die Werbeeinnahmen fast immer an die Rechteinhaber (Labels, Verlage, Künstler) – nicht an den Kanal.
    • Manche Channels schalten deshalb Werbung ab, um keine Urheberrechts-Claims zu riskieren.
  • Affiliate-Marketing & externe Links
    Verweise auf Amazon, Bandcamp oder Plattenlabels (z. B. “Kaufe die Platte hier”). Bei Verkäufen erhalten die Kanäle Provisionen.
  • Spenden & Mitgliedschaften
    • Patreon, Steady oder YouTube-Mitgliedschaften: Zuschauer können den Kanal freiwillig unterstützen.
    • Gerade in der Nischen-Musikszene ist dies oft die wichtigste Einnahmequelle.
  • Sponsoring & Kooperationen
    Manche Kanäle arbeiten mit Labels, Zeitschriften oder Festivals zusammen. Das Sponsoring ist oft subtil (z. B. “Dieses Video wird präsentiert von …”).
  • Merchandising
    Manche Kanäle bieten eigene Shirts, Poster, Musik-Sampler an.

2. Rechtefrage & Verbreitung

Hier wird es knifflig:

  • Urheberrechte (Musik & Videoaufnahmen)
    • Musikaufnahmen sind geschützt durch Labels, Komponisten und Verlage.
    • Konzertmitschnitte oder Archivmaterial gehören meist Fernsehsendern, Produzenten oder Filmfirmen.
    • Wer so etwas ohne Lizenz hochlädt, riskiert Content-ID-Claims oder Sperrungen.
  • YouTube Content-ID
    • Erkennt urheberrechtlich geschützte Musik/Filme automatisch.
    • Die Rechteinhaber können wählen:
      1. Monetarisieren (Einnahmen gehen an sie)
      2. Blockieren (Video wird gesperrt, oft nur in bestimmten Ländern)
      3. Tracking (Inhalt bleibt online, dient aber der Datenerfassung).
  • Fair Use / Zitatrecht
    • In Deutschland gibt es kein echtes „Fair Use“ wie in den USA.
    • Das deutsche Zitatrecht erlaubt zwar die Einbindung von Ausschnitten, aber nur in einem eigenständigen Kontext (Analyse, Kritik, Forschung).
    • Kanäle, die ganze Konzerte oder Songs hochladen, bewegen sich rechtlich im Graubereich.
  • Praktische Realität
    • Viele Kanäle wie Rocknostalgia leben damit, dass Labels das Material dulden, weil es Werbung für ihre Künstler ist.
    • Sobald ein Label oder Rechteinhaber aktiv wird, können Videos jederzeit offline genommen werden.
    • Langfristige Sicherheit haben nur Kanäle, die mit den Rechteinhabern Lizenzverträge schließen.

👉 Fazit:
Kanäle wie CITTA oder Rocknostalgia finanzieren sich vor allem über Spenden/Community-Unterstützung und gelegentlich Werbung – aber sie profitieren nicht direkt von Videos mit geschützter Musik, weil die Einnahmen in der Regel an die Rechteinhaber gehen. Bei den Rechten bewegen sie sich oft zwischen Duldung und Lizenzierung, abhängig davon, wie streng die Rechteinhaber vorgehen.

Beispiel: wie so ein Kanal mit 100.000 Abonnenten und z. B. 1 Mio. Views im Monat (davon 70 % mit Urheberrechts-Claim) tatsächlich finanziell dastehen kann?

Beispielrechnung:

Kanalgröße: 100.000 Abonnenten
Monatliche Views: 1.000.000 (davon 70 % Musikrechte beansprucht über Content-ID)


1. Einnahmen aus YouTube-Ads

  • CPM (Cost per Mille = Werbeeinnahme pro 1.000 Views): Im Musikbereich schwankt er stark, meist 2–4 € in Europa/USA.
  • Rechnen wir konservativ mit 3 € CPM.
  • Gesamteinnahmen bei 1 Mio. Views:
    3.000 € brutto

Aber:

  • 70 % (700.000 Views) sind mit Urheberrechts-Claims belegt → diese Einnahmen fließen an die Rechteinhaber (Labels/Verlage).
  • Übrig bleiben nur die 30 % “freie” Views (300.000 Views).
    300.000 / 1.000 × 3 € = 900 €

➡️ Einnahmen aus Werbung: ~ 900 € / Monat


2. Spenden / Patreon / Mitgliedschaften

Sehr unterschiedlich, aber Erfahrungswerte:

  • Bei 100.000 Abos haben oft 1–3 % der Community eine freiwillige Unterstützung laufen.
  • Angenommen 500 Leute geben im Schnitt 3 € / Monat via Patreon oder Steady.
    1.500 € / Monat

➡️ Community-Support: ~ 1.500 € / Monat


3. Affiliate-Links (Platten, Bücher, DVDs)

  • Beispiel: Amazon Partnerprogramm: 3–5 % Provision.
  • Angenommen 100 Verkäufe von Musik-DVDs/Büchern/Platten im Monat à 20 €.
  • 100 × 20 € × 0,05 = 100 €

➡️ Affiliate: ~ 100 € / Monat


4. Sponsoring / Kooperationen

Wenn der Kanal eine Nische gut bedient (z. B. Rock-/Jazz-/Folk-Szene), gibt es gelegentlich Sponsoren:

  • Festivalpartner, Musiklabels, Kulturinstitutionen.
  • Realistisch: 200–500 € / Monat (je nach Aktivität).

➡️ Sponsoring: ~ 300 € / Monat (geschätzt)


📊 Gesamteinnahmen

  • Werbung: 900 €
  • Patreon/Spenden: 1.500 €
  • Affiliate: 100 €
  • Sponsoring: 300 €
    = 2.800 € / Monat brutto

5. Abzüge

  • YouTube behält 45 % der AdSense-Einnahmen ein → die 900 € sind bereits der Netto-Anteil an den Kanal.
  • Steuern (Einkommensteuer, ggf. Gewerbesteuer).
  • Eventuelle Lizenzkosten, falls der Kanal proaktiv Rechte einkauft (oft aber nicht der Fall).

➡️ Realistisch bleiben ~1.500–2.000 € netto für den Betreiber übrig – bei einer Reichweite von 1 Mio. Views im Monat.


👉 Fazit:

  • Ohne Patreon/Spenden wäre ein solcher Kanal kaum tragfähig, da fast alle Werbeeinnahmen durch Urheberrechte abgegriffen werden.
  • Rechteverwertung frisst 70–90 % der Werbeeinnahmen weg.
  • Die eigentliche Finanzierung läuft über die Community (Patreon, Steady, YouTube-Membership).

Strategisches Modell: von einem Kanal, der primär von alten Archivaufnahmen lebt (Rocknostalgia-Stil), hin zu einem nachhaltigen Kultur-Medienprojekt mit eigenen Rechten.

🚀 Entwicklungsmodell für einen YouTube-Kanal

Von „Archivschnipsel“ → zu eigenem, nachhaltigem Kulturmedium


1. Phase 1 – Reichweite aufbauen (Archiv & Nostalgie)

  • Ziel: Bekanntheit und Community aufbauen.
  • Inhalte: Archivaufnahmen, rare Konzerte, nostalgische Clips, kurze Geschichten zu Bands.
  • Risiko: Urheberrechts-Claims → wenig Einnahmen, hohe Abhängigkeit von Duldung.
  • Strategie:
    • Content bewusst kommentieren/analysieren, um das Zitatrecht besser zu nutzen.
    • Parallel Social Media (Instagram, TikTok, Newsletter) starten → Community unabhängig von YouTube binden.

2. Phase 2 – Eigenen Mehrwert schaffen (Halb-eigenes Content-Format)

  • Ziel: Vom reinen „Archiv-Uploader“ zum Kurator und Erzähler werden.
  • Inhalte:
    • Video-Essays („Die Geschichte dieses Konzerts / Albums“)
    • Interviews mit Zeitzeugen, Journalisten, Musikhistorikern
    • Reactions & Analysen zu bekannten Clips (unter Zitatrecht besser abgesichert)
  • Finanzierung:
    • Patreon/Steady („Unterstütze unsere Musikgeschichten“)
    • Erste Affiliate-Einnahmen (Bücher, Platten, Dokus)

3. Phase 3 – Aufbau von eigenem Content-Repertoire

  • Ziel: Eigene Rechte schaffen.
  • Inhalte:
    • Eigene Konzertaufnahmen (in Kooperation mit kleinen Festivals, Clubs, Bands – hier lassen sich Verträge aushandeln)
    • Dokumentationen („Die Rockszene in den 70ern – erzählt von Zeitzeugen“)
    • „Artist Portraits“ mit Einwilligung der Musiker (Storytelling + kleine Sessions).
  • Rechte-Modell:
    • Vereinbarung: Kanal darf Material dauerhaft monetarisieren, Künstler bekommt Sichtbarkeit und ggf. Revenue-Share.
    • Archivieren und lizenzieren: So baut man eine eigene Mediathek auf.

4. Phase 4 – Professionalisierung & Diversifizierung

  • Ziel: Kanal zu einer unabhängigen Kulturmarke entwickeln.
  • Inhalte:
    • Serienformate (z. B. „Vergessene Legenden des Rock“)
    • Kooperationen mit Museen, Labels, Stiftungen (Fördergelder möglich)
    • Eventuell eigene Podcast-Reihe (Cross-Promotion).
  • Einnahmen:
    • YouTube-Werbung (voll an Kanal, da eigenes Material)
    • Patreon wächst, weil Fans spüren: Geld geht in eigene Produktionen
    • Sponsoring durch Festivals, Plattenlabels, Kulturinstitute
    • Eigene Produkte: DVDs, Fotobücher, Merch

5. Phase 5 – Langfristige Monetarisierung & Skalierung

  • Ziel: Vom YouTube-Channel zu einem Kultur-Archiv & Medienhaus.
  • Wege:
    • Eigene Streaming-Plattform oder Kooperation mit Arte/3sat/Medienhäusern
    • Paid-Content-Bibliothek mit exklusiven Dokus, Konzertmitschnitten
    • Live-Events / Screenings / Podiumsdiskussionen
    • Förderungen (Kulturstiftungen, EU-Medienfonds, Musikfonds).

💡 Beispiel: „Rocknostalgia 2.0“

  • Start: Archiv-Videos → Kommentar-Videos
  • Dann: Interviews mit alten Roadies, Produzenten, Clubbesitzern
  • Dann: Kooperation mit kleinen Rockbands, Live-Mitschnitte → Kanal hat eigene Rechte
  • Schließlich: Dokus, Bücher, Events → von der Nische zum anerkannten Kulturprojekt.

👉 Kurz gesagt:

  • Archiv-Content = Aufmerksamkeit, Reichweite, Community
  • Eigenproduktionen = Rechte, Geld, Nachhaltigkeit

Businessmodell-Projektion

Einnahmen & Kosten – für einen YouTube-Kanal, der sich von einem „Archiv-Schnipsel-Projekt“ (wie Rocknostalgia) hin zu einem eigenständigen Kultur-Medienprojekt mit eigenen Rechten entwickelt.

Szenario für 3 Jahre:

📊 Businessmodell – Beispielrechnung

Rahmenbedingungen

  • Team: 1 Hauptperson + 1 Freelancer (Schnitt/Recherche)
  • Output: ca. 2 Videos pro Woche (~100 pro Jahr)
  • Community wächst von 100.000 auf 300.000 Abos in 3 Jahren
  • Durchschnittliche Views:
    • Jahr 1: 1 Mio. / Monat
    • Jahr 2: 1,5 Mio. / Monat
    • Jahr 3: 2 Mio. / Monat

Kostenstruktur

Fixkosten (monatlich)

  • Schnittsoftware & Tools (Adobe, Musiklizenzen, Server): 100 €
  • Technik (Kamera, Ton, Beleuchtung, Abschreibung auf 3 Jahre): 200 €
  • Freelancer (Recherche, Schnitt, Untertitel): 600 €
  • Reisekosten (Interviews, Konzerte, Hotels, Bahn/Flug): 500 €
  • Sonstiges (Website, Rechtsberatung, Marketing): 200 €

➡️ Fixkosten pro Monat: 1.600 €
➡️ Fixkosten pro Jahr: 19.200 €


Einnahmenstruktur

Jahr 1 (noch viele Urheberrechts-Claims)

  • Werbung: 900 €/Monat → 10.800 € / Jahr
  • Patreon/Spenden: 1.500 €/Monat → 18.000 € / Jahr
  • Affiliate: 100 €/Monat → 1.200 € / Jahr
  • Sponsoring: 300 €/Monat → 3.600 € / Jahr
    ➡️ Gesamt: 33.600 € / Jahr

Jahr 2 (mehr Eigenproduktionen, weniger Claims)

  • Werbung: 2.000 €/Monat → 24.000 € / Jahr
  • Patreon/Spenden: 2.500 €/Monat → 30.000 € / Jahr
  • Affiliate: 150 €/Monat → 1.800 € / Jahr
  • Sponsoring: 500 €/Monat → 6.000 € / Jahr
    ➡️ Gesamt: 61.800 € / Jahr

Jahr 3 (fast nur eigenes Material, große Community)

  • Werbung: 4.000 €/Monat → 48.000 € / Jahr
  • Patreon/Spenden: 4.000 €/Monat → 48.000 € / Jahr
  • Affiliate: 300 €/Monat → 3.600 € / Jahr
  • Sponsoring: 1.000 €/Monat → 12.000 € / Jahr
    ➡️ Gesamt: 111.600 € / Jahr

Übersicht Einnahmen – Kosten

JahrEinnahmenKosten (Fixkosten 19.200 €)Gewinn/Verlust
133.600 €19.200 €+14.400 €
261.800 €19.200 €+42.600 €
3111.600 €19.200 €+92.400 €

💡 Interpretation

  • Jahr 1: Projekt trägt sich, Gewinn noch gering, stark Community-getrieben.
  • Jahr 2: Wachstum + Eigenproduktionen → richtige Selbstständigkeit wird möglich.
  • Jahr 3: Nachhaltiges Medienprojekt, Nettoeinnahmen eines mittleren Gehalts + Reserve für Investitionen.

🚀 Wachstumsoptionen

  • Live-Events: Screening von Dokus + Konzerte (Tickets, 5–10k € zusätzlich pro Event)
  • DVDs/Books/Merch: Fanbase kauft physische Produkte → 10–20 % Zusatzumsatz möglich
  • Fördermittel: Kulturstiftungen (z. B. Musikfonds, EU-Creative Europe) können bei Dokumentationen 10–50 % der Produktionskosten übernehmen
  • Kooperation mit Medien (Arte, 3sat, WDR Rockpalast): Co-Finanzierungen für hochwertige Dokus

👉 Fazit:
Ein solcher Kanal kann sich innerhalb von 2–3 Jahren von einem Hobby-Projekt zu einem tragfähigen Kultur-Medienprojekt entwickeln – wenn er rechtzeitig auf eigene Rechte & Inhalte umschwenkt.
Die größte Einnahmesäule ist langfristig Patreon/Community + eigene Produktionen, nicht YouTube-Werbung.


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