Ein fiktives Streitgespräch über den Ukraine-Krieg
Besetzung:
- Boris Pistorius – Bundesverteidigungsminister
- Agnes Strack-Zimmermann – Verteidigungspolitikerin
- Anton Hofreiter – Außenpolitiker
- Dietrich Bonhoeffer – Theologe, Widerstandskämpfer
- Henry David Thoreau – Philosoph
Aufführungskonzept
- Bühnenbild: Ein schlichter runder Tisch, fünf Stühle. Im Hintergrund ein großes Fenster, das sich nicht schließen lässt. Es zeigt nur Dunkelheit.
- Licht: Jeder Redner wird durch einen eigenen Kegel erfasst. Beim Sprechen intensiver, in Pausen gedämpft. Das Fenster wird am Ende hell angestrahlt.
- Klang: Zwischen den Szenen leise Windgeräusche. Gelegentlich dumpfes Dröhnen in der Ferne – wie Kanonendonner.
Akt I – Der Tisch
Die Figuren treten nacheinander ein. Jeder setzt sich schweigend. Erst nach einer langen Pause beginnt Pistorius zu sprechen.
Pistorius (schwer):
“Die Ukraine kämpft. Wir helfen – mit Waffen, Ausbildung, Zusagen. Und doch: Es reicht nie.”
Strack-Zimmermann (schlägt mit der Hand auf den Tisch):
“Weil wir zaudern! Jede Woche Diskussion kostet Leben. Panzer, Raketen, Abwehrsysteme – sofort! Alles andere ist Verrat.”
Hofreiter (nach vorne gebeugt):
“Agnes, der Krieg ist mehr als Waffen. Er hängt mit Energie, Klima, Gerechtigkeit zusammen. Nur militärisch zu denken, wäre ein Fehler.”
(Kurze Pause. Bonhoeffer erhebt sich langsam.)
Akt II – Schuld und Gewissen
Bonhoeffer (ruhig, eindringlich):
“Es gibt Momente, da ist Schweigen Schuld. Untätigkeit Verrat. Wer das Böse nicht bekämpft, macht sich mitschuldig.”
Thoreau (lehnt zurück, verschränkt die Arme):
“Doch jede Gewalt, so gerecht sie scheint, trägt den Keim neuen Unheils. Ich sage: verweigere dich. Werde nicht zum Werkzeug des Krieges.”
Strack-Zimmermann (fährt auf, empört):
“Weltfremd! Ihre Reinheit schützt keine Kinder in Charkiw. Wer nichts tut, macht sich zum Komplizen Putins!”
Thoreau (leise, beinahe spöttisch):
“Und wer Waffen liefert, macht sich zum Teil desselben Spiels. Was unterscheidet uns dann noch vom Täter?”
Pistorius (mit fester Stimme):
“Das Ziel! Wir kämpfen nicht für Herrschaft, sondern für Freiheit. Für das Recht eines Volkes, in Frieden zu leben.”
Bonhoeffer (nickt, ernst):
“Gewalt ist Schuld. Aber manchmal ist es die größere Schuld, nichts zu tun. Ich habe es unter Hitler lernen müssen.”
Akt III – Die Zukunft
Hofreiter (fast beschwichtigend, bittend):
“Wenn der Krieg endet, darf die Antwort nicht nur militärisch sein. Energie darf nicht erpressen. Nahrung darf keine Waffe sein. Frieden braucht Gerechtigkeit, nicht nur Waffenruhe.”
(Eine Pause. Die Figuren schauen hinaus ins Fenster. Ein leises Donnergrollen im Hintergrund. Dann Bonhoeffer mit leiser Stimme, fast ein Gebet.)
Bonhoeffer:
“Die Frage ist nicht, ob wir schuldig werden – wir werden es. Die Frage ist: Tragen wir die Schuld für uns selbst, oder im Dienst derer, die keine Stimme haben?”
(Das Licht erlischt. Nur das Fenster bleibt hell. Der Wind heult kurz auf. Stille. Dann völlige Dunkelheit.)
Mögliche Erweiterung – Interaktion mit dem Publikum
- Zwischen Akt II und III könnte ein Sprecher ans Publikum treten und Fragen stellen, z. B.:
- „Und Sie? Würden Sie Waffen liefern?“
- „Ist moralische Reinheit wichtiger als Verantwortung?“
- „Was würden Sie tun, wenn Sie entscheiden müssten?“
So wird das Publikum direkt in das Spannungsfeld von Gewissen, Verantwortung und politischem Handeln hineingezogen.

Schreibe einen Kommentar