Die „Menschlichkeit“ ist nicht immer eine Tugend

Die „Menschlichkeit“ ist nicht immer eine Tugend – sie kann auch ein sanfter Mechanismus sein, um die zivilisiertesten Formen von Gewalt hervorzubringen.

Wenn das Banner des Menschen gehisst wird, wird der reale Mensch oft zugunsten eines metaphysischen Bildes verdrängt, das alles rechtfertigt.

Dann ist „Menschlichkeit“ kein ethisches Versprechen mehr, sondern wird zum Vorwand: mal für Interventionen, mal für Liquidationen und oft genug für das bewusste Übersehen.

Carl Schmitt, einer der schärfsten Entzauberer der Politik, brachte es klar auf den Punkt:

Wer die Fahne der „Menschlichkeit“ schwenkt, sucht nicht unbedingt nach Gerechtigkeit, sondern oft nach einer Legitimation, den Feind aus dem Bereich des Menschlichen auszuschließen – ihn außerhalb von Recht und Mitgefühl zu stellen.

Es ist eine Mahnung: Wird der Diskurs der Menschlichkeit als moralisches Absolutum eingesetzt, bringt er keinen Frieden hervor – er bereitet vielmehr die Bühne für eine grenzenlose Gewalt.

Denn wer davon ausgeschlossen wird, wird neu definiert – als „Nicht-Mensch“, dem weder Rechtsschutz noch sprachliche Anerkennung zusteht.

So verwandelt sich die „Menschlichkeit“ von einem ethischen Versprechen in ein Instrument der existenziellen Auslöschung:

Der Feind erscheint nicht mehr als ein zu verstehendes oder zu konfrontierendes Wesen, sondern als ein Defekt, der beseitigt werden muss.

Jede „Menschlichkeit“, die dem Feind seine Menschlichkeit abspricht, ebnet den Weg zu seiner Vernichtung – im Namen des „Guten“.

Kann ein wahrhaft menschlicher Mensch seine Menschlichkeit bewahren, während er in ihrem Namen Krieg führt?

Ist es nicht an der Zeit, „Menschlichkeit“ neu zu denken – nicht als Schlagwort, sondern als Verantwortung?

Vielleicht ist die entscheidendere Frage nicht, wer im Namen des Menschen spricht – sondern wer den Mut hat, das zu hinterfragen, was in seinem Namen begangen wird.

von Muhammed Sabbah

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